Ich kehre also mit der Frage ins Neue Testament zurück, was denn die Regeln sind, an die ich mich halten soll. Klar, da sind die Gebote, die auch richtig und wichtig für das Zusammenleben erscheinen. Aber was ist entscheidend? Und was soll es mir sagen, wenn Jesus ganz offen zeigt, dass die Auslegung der Gesetze durch die Gelehrten falsch ist?
Jesus kommt mir nach dem langen Rückblick und den opulenten Taten Gottes im Alten Testament verändert vor. Ich hatte in den ersten Kapiteln des Markus-Evangeliums immer wieder den Eindruck, dass Jesus verborgen bleiben möchte. Oftmals bittet er diejenigen, denen er auf wundersame Weise geholfen hat, darüber Schweigen zu bewahren. Ganz anders als noch zu Beginn des Evangeliums lässt Jesus sich nun feiern und preisen beim Einzug in Jerusalem. Es wirkt fast wie eine Krönung. Und er scheint ganz bewusst Menschenmassen um sich zu scharen. Vielleicht, weil er die Gefahr ahnt, die von den Gelehrten und Priestern ausgeht, die er auch hier wieder zurechtweisen wird. Und mehr noch. Er tritt seinen, ja man muss schon fast sagen: Gegnern ausgesprochen offensiv entgegen. Er sucht die Konfrontation. Er vetreibt die Händler und Geldwechsler aus dem Tempel, den sie aus seiner Sicht entweiht haben. Die Priester sind dermaßen erbost, dass sie darüber nachdenken, wie sie Jesus töten können.
Stattdessen erzählt er ihnen das Gleichnis von den betrügerischen Weinbauern, die das Weingut eines Mannes gepachtet haben aber jeden Knecht davonjagen oder gar zu Tode prügeln, der von dem Mann geschickt wird, um den Anteil der Weinernte einzufordern. Sogar den Sohn des Mannes töten sie woraufhin der Mann die Weinbauern töten lässt. Ganz offensichtlich ist mit dem Mann Gott gemeint ist, der den Menschen seine Schöpfung überlassen hat, diese aber diese Leihgabe als ihren Besitz betrachten und sogar Gottes Sohn töten und dafür von Gott bestraft werden. Die Priester wehren sich gegen den Vergleich mit den Weinbauern allein aus dem Grund nicht, weil sie Angst vor dem Volk haben, das hinter Jesus steht.
Was soll dieses Gleichnis sagen? - War nicht die ganze Zeit über die Güte Gottes, seine Vergebung das Thema Jesu? - Dass jeder von uns vergeben darf und soll und dass jeder von uns durch das Kainsmal eine zweite Chance verdient hat? - Was soll mir dieses Rachegleichnis sagen? Droht Jesus den Priestern mit der Macht Gottes? Oder warnt er sie davor, diesen Schritt zu gehen, der eh schon in ihren Gedanken war, Jesus, Gottes Sohn zu töten.
Oder fordert er sie dazu auf, damit sich Gottes Plan erfüllt?
Dieser Gedanke erinnert mich gerade an den Sündenfall. Hier hat Gott gesagt: “Wenn du die Früchte dieses Baums ist, musst du auf jeden Fall sterben.” Und der Mensch tut genau dies aber stirbt nicht. Aber: Der Mensch hat auf diese Weise vielleicht genau das getan, was Gott wollte... womit der Plan begann.
Sollen die Menschen nun seinen einzigen Sohn töten? Sollen sie über ihn, seine Taten, seine Worte erzürnt sein? Ist das Gottes Plan?
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